Colonia Claudia Ara Agrippinensium ⇔ Köln ♥

Freitag

Schon immer wollte ich nach Köln! Schon immer? - Naja, zumindest wohl seitdem mich Frank Schätzings "Tod und Teufel" in den Bann gezogen hat. Seither dachte ich immer wieder: "Diesen Dom, den muss ich mir mal anschauen!“
Bei jeder längeren Zugfahrt, und das ist bestimmt seit fast acht Jahren so, stöpsel ich mir das Audiobuch zur Geschichte von Jacop dem Fuchs, Richmodis, Urquhart und den vielen anderen leichten und schweren Figuren ins Ohr. Aber nur vom Meister höchst selbst vorgetragen.
Anfang August war ich dann aufgeregt wie klein Yvi! Kurz nach meinem Geburtstag war es ENDLICH soweit - zusammen mit meinem Mann fuhr ich nach Köln! Viele Dokumentationen zum Dom hatte ich vorher geschaut, um mich vorzubereiten - auf was eigentlich?! Bei der Fahrt über die Hohenzollernbrücke konnte ich mir ein "Guck mal, da isser!" und ein "Oh, ist der schön!" nicht verkneifen. Andere Fahrgäste schauten mich an, als käme ich von hinter Berlin. Doch da gab ich nichts drauf, das sollte unser persönliches Wochenende mit diesem tollen Bauwerk, in dieser bunten Stadt werden.

Ein erstes Staunen und Glotzen von etwa vier Minuten vollzog sich auf dem Bahnhofsvorplatz. Der Kopf ging in den Nacken. Die große Treppe hoch, entlang der zwei Türme, nach oben in den Himmel. Da stand er, einfach so rum, seit ein paar hundert Jahren und strahlte in seinem eleganten schwarz zurück. Doch ich wollte rumlaufen, reingehen, erfassen und begreifen. Das ging nicht mit Gepäck. Erstmal mussten wir uns erleichtern.

Unser Hotel hatte ich mir am Rande der Altstadt ausgesucht. Gute Bewertungen, extravagante Kunst und Altbaucharme machten das marsil genau zur richtigen Bleibe für unser Köln-Wochenende. Ein herzlicher Empfang im Hotel und die außergewöhnliche Zimmerarchitektur machten ein gemütliches Gefühl breit - angekommen. Es war kurz nach 5 Uhr am Nachmittag und wir beide hatten Lust auf einen Kaffee, aber einen guten! Den bekommen wir in Stralsund ja auch immer in unserem Lieblingskaffee, dem Monopol. Eine Rösterei musste her, und die hatte Google auch schnell gefunden. Wir machten uns auf den Weg und ein paar Minuten später, links und rechts um ein paar Ecken, standen wir vor den Kaffeeprinzen. Ein süßer kleiner Laden mit buntem Angebot. Wir ließen uns den Latte Macchiato schmecken und genossen die kurze Gemütlichkeit, bevor es wieder in den Touritrubel ging. Zum Feierabend verwickelten wir den Besitzer noch in ein Gespräch und er hatte tatsächlich schon einmal was von unserem Monopol gehört. Wie klein die Kaffeewelt doch ist :)

Einmal quer durch kleine und große Straßen von Köln, fanden wir uns am Rhein wieder. Die Kranhäuser schauten aus, als wollten sie gleich nach Erfrischung suchend kopfüber in den Rhein stürzen. Die dicken Mauern der Hafenanlage zeigten breite Ränder von Hoch- und Niedrigwasser des Stroms, der leise durch die Stadt zog. Weiter am Schokoladenmuseum wurde für einen Antik- und Trödelmarkt für das Wochenende fleißig aufgebaut. Na, da kommen wir doch genau richtig! Wir schlenderten weiter am Rheinufer entlang, begleitet vom fortwährenden Rauschen der schweren Züge über die Hohenzollernbrücke. Langsam kamen wir dem Dom näher. Ich war voller Vorfreude! Ein paar Treppen hoch und über das Saaldach der Kölner Philharmonie, standen wir vor dem Seitenschiff auf der Domplatte. Ich versuchte die Ausmaße dieses großen Gebäudes zu erfassen, doch es gelang mir nicht. So als ob man ein riesiges Mosaik anstarrt, um die Einzelteile zu verstehen, doch nur das Gesamtbild kann sich in Ansätzen dem Betrachter erschließen. Viele Stunden Arbeit und viele kleine und große Details, die das Bauwerk ausmachen und zu dem machen was es ist: Eine überaus kunstvoll gefertigte Pilgerstätte, die die Gebeine der Heiligen Drei Könige beherbergt.

Beim Gang ins Innere werden wir mit einem netten "Moin!" und einem Grinsen des Torstehers zurückgegrüßt. Ich bin drin. Ein so überwältigendes Gefühl macht sich breit, wie bei meinem Besuch des Colosseums in Rom. Glücksgefühl gemischt mit historischer Bedeutsamkeit und der Energie des Glaubens, der sich in dieser Kirche und in mir warm und kribbelnd ausbreitet. Schon wie beim Bestaunen des Aussen, weiß ich hier im Inneren nicht wo ich zuerst hinschauen soll. Das Leuchten der riesigen prachtvollen Fenster im Gegensatz zu den kahlen, fast schmucklosen Steinpfählen, die das Gebäude stützen. Der innere Luftraum fühlt sich getragen und beherbergt von der äußeren Hülle. Ein wenig Weihrauch liegt noch in der Luft und ein leises Gemurmel der Besucher. Ich versuche alles anzuschauen, kann aber, ebenso wie bei den Außenmauern erst einmal nur eine grobe Ahnung vom Inneren aufnehmen. Ich setze mich hin und staune die Fenster nach oben in die Höhe. Was für ein Glück, dass diese alte Handwerkskunst vor den Bombenangriffen gerettet werden konnte. Und ist es nicht auch ein großes Glück, dass der Dom über ein paar hundert Jahre eine traurige Baustelle war, welche ihm dann eine stählerne Dachkonstruktion bescherte und vor der völligen Zerstörung bewahrte? So als ob er damals meinte seine Zeit sei noch nicht gekommen! An dieser Stelle möchte ich Martin Luther großen Dank für das Vorantreiben seiner Reformationsidee aussprechen. Ohne ihn hätte der Bau nicht gestoppt! Außerdem gilt es sicher auch den Kölnern zu danken, die mit ihrer immensen Geduld den Weiterbau des Kölner Domes viele hundert Jahre abgewartet haben :D Den Innovationen aus der Zeit des Weiterbaus hat der Dom dann sein stabiles Dach zu verdanken.

Schön! Und ich kann nun hier sitzen und in diesem historisch gewachsenen Gebäude, aus der Feder des Meister Gerhard, meinen Gedanken nachsinnen.

Vor dem Hauptportal des Kölner Domes steht eine Kreuzblume. Diese Kopie einer der Spitzen der Domtürme ist übermannshoch und mindestens genauso schwarz, wie seine baugleichen Steinmetzarbeiten in schwindelerregender Höhe. Dieses Modell macht das Ausmaß und die Dimensionen des Bauwerks besonders eindrucksvoll deutlich und markiert als Symbol die Bauvollendung im Jahr 1880. Ich sauge die Stimmung auf. Das Hektische weicht einer Urlaubsstimmung und der Unbeschwertheit des beginnenden Wochenendes. Auf der Domplatte ist überschaubar wenig los und könnte für jedes Foto eine Spende verlangt werden, wäre die Restaurierung auf Jahre hin finanziell abgesichert. Viele unterschiedliche Nationen posieren und lassen sich von der Gewaltigkeit des Domes beeindrucken. Eine frohe Leichtigkeit liegt über dem Platz und lässt die Menschen in die Kameras albern. Übersättigt mit Eindrücken bekommen wir langsam Hunger und bummeln Richtung Schildergasse. Mir ist nach indisch. Nachdem wir ein nicht so einladendes indisches Lokal entdecken und uns auch langsam die Müdigkeit überkommt, entscheiden wir in der Nähe unseres Hotels zu Abend zu essen. Bei unserer Ankunft am Nachmittag hatten mir da so eins zwei Lokale ins Auge geblinzelt. Wir erkunden auf dem Rückweg vielversprechende Geschäfte für einen kleinen Einkaufsbummel am nächsten Tag. Kurz nach 21 Uhr trudeln wir bei einem sehr gefragten Italiener direkt neben unserem Hotel ein. Die Stimmung  ist famos und prompt wird ein Tisch für uns frei. In der familiären Atmosphäre fühlen wir uns sofort wohl und von den Kellnern herzlich begrüßt. Eine kleine Vorspeise und die Getränke sind schnell gebracht und besänftigen unsere knurrenden Mägen. Die Pasta zum Hauptgang schmeckt ganz wunderbar und mit dem dritten Kölsch ist dann auch der Durst gelöscht. Müde und lecker im Bauch traben wir um die Ecke und fallen ins Bett. Gute Nacht!

Samstag

Voller Elan schmeiße ich mich in meine Regenjacke. Es ist noch ziemlich früh am Morgen und ich spaziere durch den Niesel. Erstmal zu dm, denn wir haben unsere Zahnpasta vergessen. Komisch, dass mir sowas passiert. Auf dem Rückweg zum Bäcker rein, denn Schatzi will sicher gleich was essen. In unserem schönen Hotel bekomme ich noch einen frisch gepressten Café Crema, mit dem ich dann meinen Mann mit einem gesäuselten „Zimmerservice“ aus dem Bett klopfe. Ich freue mich, dass hier alles so dicht umme Ecke ist und wir ganz pünktlich dran sind für unsere kleine Panoramafahrt auf dem Rhein. Es soll auch bald aufhören zu regnen, sagt der Regenradar. In letzter Zeit bin ich da ganz pragmatisch geworden. Egal ob es regnet, oder windig ist, Sommer ist Sommer! Hauptsache ich muss nicht wie ein Michelin-Männchen eingepackt draussen rumlaufen und mir die Kälte vom Leib halten. Vielleicht liegt es aber auch genau an diesem Sommer, ist ja doch etwas durchwachsen.
Am Bootsanleger sind wir die ersten und wir finden schnell einen trockenen Platz draussen an Deck. Der Schiffskellner kommt vorbei und will unsere Bestellung aufnehmen. Als ich ihm sage, dass ich einen Tee möchte verzieht er sein Gesicht und sagt, dass sie auch härtere Sachen hätten. Ich entgegne: „Wieso, ich dachte ihr habt nur Kölsch?“ Sein Gesicht verzieht sich noch mehr. Mein Mann schaut mich entsetzt an. Ich fand meine Antwort gar nicht so frech. Er meint er holt dann mal extra Wasser aus dem Rhein für meinen Tee. Ich glaube er kann mich nicht mehr leiden. Mein Mann nimmt dann besagtes Kölsch und der Kellner schaut wieder etwas freundlicher drein.

Die Spitzen der Kirchen ragen in die Wolken. Eine dicke Nebelsuppe hängt über der Stadt. Unser Schiff gleitet gemütlich stromaufwärts und aus den Lautsprechern plärrt die Stadtgeschichte. Das Licht ist etwas furchtbar und so gelingen auch mit teurer Technik keine schönen Fotos. Egal, trotzdem schön hier! Zwei Dinge hatte ich mir für meinen Kölnbesuch ganz oben auf den Zettel geschrieben. 1. Dom gucken, 2. Würstchenbude besuchen. Und zwar nicht irgendeine, sondern genau die, wo die Tatortkommissare immer davor rumstehen, schön mit dem Dom im Hintergrund. Als mein Mann mir sagt, dass die Bude gar nicht da ist, wo man sie aus der Mattscheibe heraus vermuten würde, war ich etwas traurig. Er meinte die steht ein Stückchen rheinaufwärts, noch weit hinter den Kranhäusern. Und tatsächlich, da stand sie. Zu unserer Überraschung mit einer sehr fröhlichen Person davor, die ausschweifend ihr Handtuch schwenkte und uns einen schönen Morgen wünschte. Wir winkten aufgeregt zurück und freuten uns über diese freundliche Geste!

Wieder stromabwärts bestaune ich dann noch einmal die Kranhäuser. Was für eine interessante Architektur. Und, dass das alles so stabil ist. Die organisch scheinende Struktur des Wohnhauses im Gegensatz zur glatten Aussenfassade der Bürohäuser. Fast ein bisschen schade, dass bei so einem Ausblick nicht alle Häuser Balkons haben. Wer da wohl so drin wohnt und arbeitet?! Egal, ob man sie nun schön oder blöd findet, Baukunst ist es allemal und sie passen zu Köln, denn sie sind aussergewöhnlich. Vorbei am Schokoladenmuseum, sehen wir, dass der Trödelmarkt schon gut Gestalt angenommen hat. Wahrscheinlich hatten die Aussteller auch einen zeitigen Morgen und haben alles noch schnell fertig gemacht.

Der Regen hat nachgelassen und wir bewegen uns frei an Deck. Und da ist er wieder, dieser schöne Dom. Unbeeindruckt vom nassen Wetter und dem geschäftigen Trubel um ihn herum, steht er da und kitzelt die Wolken mit seinen langen Spitzen. Bei der Fahrt unter der Hohenzollernbrücke hindurch wird mir etwas mulmig. Hoffentlich hält das alles, wenn der Zug da gleich über uns ist. Auf dem Schiff wird uns erzählt, dass Verliebte, Verlobte und Verheiratete als Liebesbekundung dort ein Schloss befestigen. Inzwischen sind es so viele, dass gut 22 Tonnen Liebe an der Brücke hängen. Entsprechend musste ein neues Statikgutachten erstellt werden. Na, wird schon halten. Aber, könnte man nicht, so tragisch und aufwendig es ist, Getrennte dazu verdonnern ihr Liebesschloss wieder zu entfernen? Zum Wohle und zum Erhalt der Brücke. Das dürfte doch nicht zu viel verlangt sein? Immerhin wollen die, die da kein Schloss dranhängen haben doch auch was von der schönen Brücke haben. Und sei es ein Spaziergang oder die Zugfahrt darüber :)

Nach etwa einer Stunde legen wir wieder an und werden freundlich verabschiedet. Der Kellner versichert sich bei mir noch einmal, ob denn der Tee auch geschmeckt hätte. Frech grinsend gehen wir von Bord und schlendern am Rheinufer entlang Richtung Dom. Dort haben wir unseren nächsten Termin zur Stadtführung, den „Highlights von Köln“. Ich freue mich und hoffe, dass ich da auf meine Kosten komme, denn ich mag das Kölsch - also die kölsche Aussprache. Während meiner Arbeit als Kinderanimateurin hatte ich einmal ein Geschwisterpaar in Betreuung. Die beiden waren wohl in Köln aufgewachsen, aber lebten nun in Belgien. Was dem Jungen einen wunderbaren Kölner Dialekt mit französischem Akzent verlieh. Zum verlieben schön! Könnte ich jeden Tag hören :D

An der Kreuzblume angekommen, standen wir wieder im Regen und suchten unseren Guide von Colonia Prima. Nachdem wir abgeklärt hatten, dass wir nicht aus Düsseldorf sind, ging die Stadtführung los. Als er ein paar mal das Dorf am Rhein gegenübber von Neuss erwähnt hatte verstand ich die Extraführung für die Düsseldorfer. Diese kleinen Sticheleien gehen weit zurück, als Köln als Hansestadt das Stapelrecht hatte und auf dem Rhein fahrende Kaufleute ihre Waren drei Tage für die Kölner zum Vorkaufsrecht anbieten mussten. Das trieb dann und wann die Preise nach oben und das ein oder andere kam sicher gar nicht erst in Düsseldorf an. Weshalb wohl die Düsseldorfer nicht so gut auf die Kölner zu sprechen waren. Heute erlaubt man sich noch kleine Spitzen in Richtung des Nachbarortes, aber es haben sich alle lieb!

Zum Regen kommt noch Wind dazu, doch wir halten tapfer durch. Und so erfahren wir, dass 2005 der Papst in Köln zum Weltjugendtag zu Besuch war und daran eine Gedenktafel aussen am Dom erinnert. Ebenso wie die Geschichte zu Meister Gerhard, der mit dem Teufel eine Wette bzgl. des Dombaus abgeschlossen hatte. Über der Dombauhütte, auf der rechten Seite des Domes ragt ein Wasserspeier ganz besonders hervor. So ziemlich der einzige in menschlicher Gestalt in diesem Bereich. Es ist Meister Gerhard, der bei Starkregen Wasser spuckt.
Da am Kölner Dom immer etwas zu reparieren ist, hat man als Mitarbeiter der Dombauhütte Zeit seines Lebens ausgesorgt - falsche Berufswahl würde ich sagen ;) Weiter in der Stadt unterwegs lernen wir, dass Konrad von Hochstaden, der Erzbischof von Köln, damals den Bau des Domes initiierte. Am Rathaus kann man unterhalb seiner Ratsturmfigur genau sehen, was er von den übrigen Obrigkeiten der Stadt hielt. Und dass die Kölner nicht nur mit ihrem Dombau geduldig waren, das kann man direkt neben dem Rathaus entdecken, nämlich eine Baustelle mit ein paar Hügeln Schotter und Sand, die da schon seit circa neun Jahren einfach so nicht weitergebaut wird - ich würde das ganze als grenzwertige Gemütlichkeit einschätzen. Wir laufen über den Alter Markt, durch viele kleine Gassen, hören interessante und lustige Geschichten zu Köln und seinen Bewohnern und finden uns nach etwa anderthalb Stunden am Rheinufer wieder. Hier ist die Stadtführung zu Ende und wir bedanken uns recht herzlich. Ein bisschen tut mir der Stadtführer leid. Den ganzen Tag reden und Touris bespaßen wäre auch nicht so meins. Nun gut, wir haben Hunger! Auf dem Alter Markt finden wir einen Burgerladen und lassen beim Essen den Vormittag Revue passieren. Im Kopf versuche ich die ganze Zeit den Stadtplan von „Tod und Teufel“ in mein jetziges erworbenes Verständnis zur Stadt zu quetschen, doch es verwirrt mich. Da brauche ich dann doch noch ein paar mehr Informationen. Nach dem Essen spazieren wir weiter durch die Altstadt und mir fallen immer mehr Museen auf, die man in Köln besuchen kann. Wahnsinn, wenn ich überall reingehe, bin ich bestimmt ’ne Woche unterwegs!

Durch die Schildergasse bummeln wir zurück zum Hotel. Mal kurz die Füße hoch legen. Schatzi findet noch neue Schuhe und Flip Flops und ich freue mich, dass er shoppen geht. Das ist sonst nicht so seins. Im „English Shop“ fühle ich mich besonders wohl, kaufe Tee, Cheddar und Cider und freue mich über meine Errungenschaften. Hach, sowas könnte es auch in Stralsund geben! Im Hotel angekommen macht sich mein Mann frisch, während ich unten an der Rezeption gemütlich auf dem schönsten gelben Ledersofa, das ich je gesehen habe, einen Cappuccino schlürfe. Entspannung pur! Nach einer kleinen erholsamen Pause auf unserem Zimmer stiefeln wir wieder los und jetzt verfalle ich dem Schuhwahn. Schon ewig habe ich mir keine Sneakers mehr gekauft, doch jetzt haben es mir welche angetan. Und zwar die Adidas Hamburg in altrosa. Voll süß die Treter, wohl auch in meiner Größe. Aber leider gibts die nicht mehr und ich schreite angespornt von dannen. (Gestern habe ich sie dann endlich bekommen. Bestellen musste ich sie in Großbritannien. Ich bin ja gegen den Brexit!)

Wieder am Kölner Dom angekommen laufen wir, der Stadtführung nachsinnend, noch einmal um  ihn herum und schauen uns alles genau an. Die Bilder zum Aufbau und Wiederaufbau nach dem Krieg - zum Glück müssen wir so etwas nicht erleben und sind in einigermaßen ruhige Zeiten hinein geboren wurden - die Gerätschaften an der Dombauhütte und den kleinen Souvenirladen. Wir gehen noch einmal rein, doch wir kommen nicht weit. Gerade ist Gottesdienst und der Großteil des Kircheninneren abgesperrt. Da wir keine Anhänger des katholischen Glaubens sind, gehen wir nicht vor zu den Gebetsbänken, sondern bleiben brav hinter den Absperrungen stehen und lauschen andächtig den Worten und dem Klang der Orgel.

Während unserer kleinen Flusskreuzfahrt erspähten wir ein rotes Büdchen, am anderen Ende der Hohenzollernbrücke, gegenüber des Domes. Wir entschliessen uns dorthin zu spazieren, in der Hoffnung auf ein paar Pommes - also, ich hoffe.

Der Untergrund wackelt und vibriert zugleich. Ich brauche einen Moment mich daran zu gewöhnen, dass da irgendwie fester Boden unter meinen Füßen ist und, dass die Brücke die vielen Tonnen Züge, Schlösser, Fahrradfahrer, Fußgänger und Jogger hält. Wir kommen nur langsam voran, denn es gibt viel zu entdecken. Ein Meer aus bunten, alten und neuen, großen und kleinen, rostigen und glänzenden Schlössern ist an jedem noch so kleinen Plätzchen irgendwie aneinander, ineinander befestigt. Bloß keinen Platz aussparen, sonst könnte ja was frei bleiben! Die Liebe zum oder zur anderen wird hier mit den kuriosesten Schlössern ausgedrückt. Einer hat wohl auch den FC Bayern ganz doll lieb. Wir entdecken Schlösser in Form einer Schildkröte, eines Fisches, eines Buddhas. Ein Schloss schaut so aus, als hätte es mal an einem Keuschheitsgürtel eines kecken Burgfräuleins gehangen. Auch die Namen auf den Schlössern schalten das Kopfkino an. Amüsiert bewegen wir uns langsam in der Abendstimmung voran.

Auf der anderen Seite angekommen laufen wir rübber zum Büdchen und ich muss enttäuscht feststellen: Es gibt nur Kölsch! Ach schade, wieder keine Pommes. Seit circa einer Woche habe ich einen üblen Heißhunger auf Pommes, ich kann es mir nicht erklären. Gut, dann ein Kölsch! Wir sitzen in der Abendsonne und ich beschreibe zwei schöne Postkarten. Eine an meine Mama und eine an meine Freundin Anna aus Hamburg: „Die Sonne kitzelt uns in der Nase, das Kölsch löscht den Durst und wir schauen entlang der Hohenzollernbrücke auf den schönen Dom in den Sonnenuntergang. Liebe Grüße aus Köln :)“ - Verdammt, wenn man einmal mit diesem poetischen Kram auf Postkarten anfängt, wird das immer so erwartet. Na mal sehen, was mir beim nächsten Mal einfällt.

Wir laufen zurück über die Dombrücke und entdecken noch mehr Kurioses. Damit hätte ich jetzt nicht gerechnet, ich dachte wir hätten schon die schönsten Schlösser bestaunt. Heute Abend möchten wir am Rheinufer essen und wir suchen uns ein feines Lokal. Dass hier eher Tourizone ist hatten wir uns schon gedacht, doch das Essen bestätigt leider auch unsere Vermutung. Müde traben wir zurück zum Hotel und freuen uns über diesen gelungenen Tag. Gute Nacht!

Sonntag

Heute Morgen brauchen wir uns nicht so zu beeilen. Mit dem auschecken dürfen wir uns Zeit lassen. Und so suchen wir uns ganz in der Nähe des marsil was nettes zum frühstücken. Nach einem kurzen Spaziergang finden wir das Café Rico. Hier können wir so gemütlich draussen sitzen, dass wir die Zeit völlig vergessen. Das Frühstück ist lecker und sehr reichhaltig und unter den Augen der Kölner schmieren wir uns nach feiner Tourimanier Stullen und Brötchen für die Zugfahrt am Nachmittag.
Da wir noch ein bisschen durch die Stadt bummeln möchten entschließen wir uns unser Gepäck am Bahnhof einzuschließen. Im Hotel wird uns erzählt, dass irgendwann die Fächer am Bahnhof nicht mehr ausgereicht hätten und ein ganz neumodisches System installiert wurde. So zahlt man an einer Station entsprechenden Obolus, legt seine Sachen in eine Kiste und die wird dann irgendwohin gefahren und geparkt, bis man sie mit dem Abholschein wieder anfordert. Ich stelle mir vor, wie unzählige kleine Kästen mit den Habseligkeiten tausender Touristen unter dem Bahnhof hin und her sausen. Na hoffentlich verheddert sich da nix. Am Bahnhof angekommen finden wir ganz schnell die Kofferautomaten, nur keinen zum Geld wechseln, denn Scheine mögen sie nicht. Mit etwas Glück kratzen wir das entsprechende Kleingeld zusammen, stapeln unser Gepäck in eine Kiste, der Rollladen geht runter und wir hoffen auf ein baldiges Wiedersehen. Den Abholschein habe ich gut verstaut. Das war aufregend!

Wieder etwas leichter machen wir uns auf den Weg zur Bahnhofskapelle - wie der Kölner Dom auch scherzhaft genannt wird.

Heute ist im Gegensatz zu gestern ganz wunderbares Ausflugswetter, naja und es ist Sonntag. Auf der Domplatte sind ungemein viele Menschen unterwegs und ein kleiner Strom wird in die Kirche. gesogen. Wir lassen uns mitziehen. Leises Gemurmel erfüllt den riesigen Raum. Hoch oben schwebt ein zaghafter Nebel aus Weihrauch vom letzten Gottesdienst und mutet mystisch an. Wir gehen vorbei an den bunten Fensterfassaden und bleiben vor dem „Pixelfenster“ stehen. Ein wunderbares Licht strömt hindurch. Im Gegensatz zu den übrigen Glasbildern, auf denen andächtige Heilige und andere Personen der Kirchengeschichte gezeigt werden, lässt sich das Licht von diesem nicht in eine bestimmte Form greifen. Der Künstler Gerhard Richter hat darauf geachtet, dass alle in diesem Fensterbild eingefassten Farben, ebenso in den älteren Fenstern heimisch sind. Ein Bild - kein Bild und dennoch Licht!

Zu meiner Freude ist der hintere Bereich des Hauptschiffes heute für Besucher geöffnet, und so ein kompletter Rundgang um den Domchor möglich. Zunächst geht mein Blick nach oben und zu den Grabmälern. Doch als ich nach unten schaue, entdecke ich den für mich eigentlichen Schatz dieses Bereiches der Domkirche. Unzählige kleine bunte Steinchen in detailverliebten Mosaike gearbeitet. Es ist mir ein Fest! Der Großteil der Besucher latscht drübber, ich komme aus dem Staunen nicht mehr raus. Überwältigend, wie viel Arbeit da wohl drin stecken muss. Schriften, Wappen, Ritter, Bischöfe und Erzbischöfe, Konrad von Hochstaden mit dem Grundriss der Hohen Domkirche Sankt Petrus - viele kleine Bildpunkte, die ein großes Ganzes ergeben und beeindrucken.

Um einen Moment Stille in diesem Trubel zu finden setzen wir uns nach unserem kleinen Rundgang auf eine der Gebetsbänke und sinnen nach. Meine Freundin Anne hatte mich am Tag zuvor gefragt, ob ich mir schon etwas gewünscht hätte. Sie lässt, immer wenn sie den Dom besucht einen Wunsch da und es hat wohl auch immer geklappt. Kommt wohl drauf an, was man sich so wünscht. Also schließe ich die Augen und höre in mich hinein. Ein innerer Dialog beginnt: „Ich freue mich sehr hier zu sein und ich wünsche mir einen tollen Job, bei dem ich kreativ und frei arbeiten kann, Verantwortung habe und auch mitbestimmen kann.“, „Aber den hast du doch schon!“ lässt mich mein schlaues Köpfchen wissen und ich denke mir: „Oh man, ich muss genauer wünschen.“ Zur Antwort gebe ich: „Ja, aber einen mit dem ich auch Geld verdiene, den bei der Stadt Stralsund zum Beispiel. Also, genau den wünsche ich mir!“ Ich muss schmunzeln, denn manchmal kommen mir so plausible und trockene Antworten auf Fragen in den Kopf, dass ich mir oftmals denke, ich kann mich selbst am besten entertainen. Ich öffne die Augen und der ganze Raum ist hell erleuchtet. Just in diesem Augenblick hat das Licht der Sonne den Weg durch die Wolken gefunden und knallt durch das Fensterglas. Das innere des Kirchenschiffes strahlt hell in allen möglichen Farben. Ich bin ergriffen und begeistert. Damit hätte ich meinen Wunsch abgesendet :)

Am Rheinufer entlang trödeln wir Richtung Schokoladenmuseum, denn wir wollen noch den Markt besuchen. Es ist Nachmittag und besonders viel los. Die bunten Stände haben Kurioses und Schönes im Angebot. Steffen ist begeistert von den alten Dagobert Duck Comics und kauft sich einen für die Zugfahrt. Ich komme auch auf meine Kosten, bin aber mehr am Aufbau und an der Organisation der Stände interessiert. Die Aussteller haben gut zu tun und wir entschließen uns noch eine kleine Kaffeezeit zu machen. Dafür drängt sich das Schokoladenmuseum förmlich auf. Nach kurzer Wartezeit, haben wir draussen im Halbschatten einen Platz mit Blick auf den Rhein ergattert. Für mich gibt es ein schweres Stück Schokoladentorte und einen schwarzen Tee dazu. Mein Mann bestellt ganz klassisch einen Kaffee und ein Stück Quarktorte - Mann könnte ja auch mal was neues ausprobieren ;) Gut, könnte ich auch :D - aber wenn es Schokoladentorte gibt, muss es Schokoladentorte sein! Auf dem Rhein sausen Motorboote und Jetskis entlang und ich frage mich, wie es wohl so zu leben ist, mit nur so ein bisschen Wasser?!

Die Zeit fliegt und der unumgängliche Abschied von Köln rückt näher. Auf der Promenade sind jetzt besonders viele Besucher unterwegs. Wir schlängeln uns durch, zurück zum Bahnhof. Der Computer ordnet unseren Abholschein richtig zu und freudig empfangen wir unser Gepäck unversehrt zurück. Der Zug steht schon am Gleis, wir steigen ein und kurze Zeit später setzt er sich in Bewegung. Ergriffen verlassen wir Köln und rauschen über die Hohenzollernbrücke… Adiós!